Initation
In die Welt der Kunst wurde er durch einen Traum geführt: »Dort werde ich an eine Tafel auf einem Friedhof gebeten, an dem einige Männer in dunklen Anzügen mit Zylindern sind. Der an der Stirnseite des Tisches bittet mich zu sich um ein Neugeborenes zu zeigen, das er auf seinem Schoß trägt. Erschaudernd stelle ich fest, das der Hals des Kindes aus Holz ist.« Ich meine ich war etwa 15 Jahre alt. Als Reaktion darauf malte ich mein erstes Bild. Die Abbildung zeigt eine Reproduktion mit weißem Rahmen, Oel auf Leinwand, 35 x 40 cm. Das ursprüngliche Bild war 100 x 100 cm, Acryl auf Nessel und von den häufigen Umzügen und der wenig sorglichen Behandlung arg mitgenommen.
Naturstudium
Nach Abschluss der Schulzeit wurde er nach einer einjährigen Ausbildung zum Gipsformer an der Akademie der Bildenden Künste in München von Prof. Leo Kornbrust in einer freien Klasse für Bildhauerei angenommen. Neben dem obligaten Naturstudium begann er mit dem, was er später »Kunst als Erkenntnisarbeit« nennen werde.
Format
Eines ist die Dimension eines Artefakt im Bezug zum Menschen, das andere das Verhältnis der Ausdehnungen im Raum. Mit den Formatuntersuchungen kam das Thema der Proportion und alles was dazu gehört. Die anschaulichsten Beispiele für entdeckte schöne Proportionen in den Zahlen liefert auch hier die Natur in diversen Bereichen. Kristalle, Pflanzenwachstum und Anatomie.
Kinetik – Statik
Bewegung ist das Thema, das zu einer Reihe von sogenannten »Stabiles« führte. Die stehlenartigen in unterschiedlichen Raumachsen beweglichen Stahlskulpturen kommen bei Impulsen in raumgreifende Bewegung und schwingen gleich einem stehenden Pendel bis zur Ruheposition einer Stehle. Das größte der Stabile ist 460 cm hoch (Abbildung), kleinere Manifestationen etwa 160 cm. Die Entwicklung der Methode um das Artefakt in ein stabiles Gleichgewicht zu bringen ging von empirischer Vorgehensweise bis zur Berechnung der Gleichgewichtssituation um einen Zusammenhang zwischen Maß und Masse zu visualisieren. Die Realisierung einer schwebenden Säule ist bis zum heutigen Tag unversucht. Wohl wegen des fehlenden Ingenieurswissen und der Bedenken für eine Tauglichkeit des Artefakt für den öffentlichen Raum.
Equilibristik
Die Beschäftigung mit der Kinetik mündet in Balanceobjekten. Eine Vielzahl von Beobachtungen, die an diesen Objekten möglich wurden, führten zu Erkenntnissen die bereits bei den Formatuntersuchungen sichtbar wurden und die Statik von Körpern anschaulich darstellt.
Stehle
Die Stehle ist eine großartige formale Erscheinung,- geeignet zu tragen, trägt sie doch offensichtlich Nichts außer sich selbst und den geistigen Raum den sie in Schwingung versetzten kann. Schlank wie sie ist, besetzt sie nur kleinsten Raum, vermag aber wegen ihrer überragenden Höhe große Räume zu erfüllen. Selbst mit kleinerem Materialaufwand können so Platzgestaltungen im öffentlichen Raum und grosse Interieurs bespielt werden. Ich habe Stehlen aus allen klassischen Bildhauermaterialien gefertigt. Auch die Nähe zum Thema der Figur bringt eine Vielzahl von Motiven in das Genre.
Form
Nicht nach dem Abbild der Natur geformt, sondern so, wie die Natur es auch macht. Aus einer Bewegung heraus, zufällig. Spielerisch, einfach in Form geraten. Viele offene Fragen bleiben. Geht Form ohne Funktion. Welche Form ist schön? Ist Form das gleiche wie Sinn? Jedem Material seine Form? Die Arbeit mit Stein warf dieses Thema immer wieder auf, Formfindung als intuitiver Prozess. Sich vom Stein »leiten« lassen. Auch in der Zeichnung tritt das Phänomen auf. Die Zeichnung will gezeichnet werden und zieht tatsächlich in den Prozess des Zeichnens hinein.
Struktur
• Kugel/Würfel- Quadratur des Kreises
• Eines aus dem Anderen, Statik
Singularität
Am Ende steht ein Punkt; auch im gängigen Erklärmodell über den Anfang des Raumes und der Zeit. Ebenso im Titel von Kandinskys Buch »Punkt und Linie zur Fläche«. Nun bin ich schon mehrfach an dem Punkt angekommen, beim Bildhauen, beim Zeichnen und mehrfach in der Malerei. Es scheint auch logisch zu sein, nur noch einen Punkt zu machen, wenn man die Entwicklung der bildenden Kunst bis in die Gegenwart kennt. Es ist die Negation aller zugedachten und neuerdings lauter werdender Forderungen an Kunstschaffende nach Funktionalisierung. Nun, wer mit seiner Kunst nicht nach Außen wirken muß, – nicht gefallen muß, der wird in seinen Gedanken und seiner Intention frei für die Sache ansicht. Frei für die Unumkehrbarkeit des Tuns, frei für Wahrnehmung von Form und Farbe, frei für die Einvernahmung der Gegenwart durch Kunst.
Am Rande sichtbar:
Brüche und Bruchlinien
, Archimedische Körper, Platonische Körper – Symmetrien, Teilung, Oberfläche/Raum, Raum schaffen, Der negative Raum
, Forminnig
Deplatzierungen
Kumulation
In steter Wiederholung verdichtet, überlagert. In Zeichnungen und auch beim Modellieren so zu einer Form finden. Gleich einer Anlagerung von Kalk am Wasserkocher. Eine Methode die Eigendynamik entwickelt. Zum Begriff der Kumulation gehört die Transparenz und die Überlagerung. Es sind die unentbehrlichen Methoden, sobald mehrere Ebenen des Visuellen und der Bedeutungen im Spiel sind, gleichermaßen in digitalen Bildprogrammen, wie in der analogen Malerei.
Die Bewusstwerdung des Arbeitsprozess, durch die zeitliche Ausdehnung und vereinfachung der Schritte, führt zu einer Situation, die mit einer Aufzeichnung vergleichbar ist. Das Artefakt könnte also wie ein Seismogramm der Intention und des Tun gesehen werden. Schön ist, wenn diese Auffassung nicht durch ein zu dominantes Motiv konterkariert wird.
Kunstbegriff
In der Kunstphilosophie und Ästhetik, einer jungen Disziplin der Philosophie, gibt es durchaus nachvollziehbare Texte zur Fragestellung, die mit der rasanten Entwicklung in der Kunst Schritt halten. Arthur C. Dantos Ausführungen in »Die Verklärung des Gewöhnlichen« aus dem Jahr 1981, entsprechen weitgehend der Erfahrungen die Kunstschaffende machen können. Allerdings stellt der Text die Kriterien überaus detailreich und komplex dar. Lassen sich die Parameter doch in aller Kürze benennen. Kunst ist was: 1. interpretierbar ist, 2. Kunstschaffende machen, 3. einen Titel, Provinience und ein Narrativ hat 4. im Museum oder einer Galerie steht 5. (de)platziert ist. Also durch das »Framing« in den Zustand eines Artefakt versetzt ist. Die Kunstarbeit soll als Erkenntnisarbeit wahrnehmbar sein; das Artefakt als Produkt darf dabei in den Hintergrund treten. Alle verfügbaren Medien sind erlaubt.
Material – Synthesen
Aluminiumgrieß und Eisenoxidpulver reagiert sehr stark miteinander, eine Reduktion. Produkt ist elementares Eisen in glühend-flüssigem Zustand. Glycerin und Gelatine mit etwas Isopropanol ergibt ein gießbares transparentes, weiches aber dennoch ausreichend festes Material um kleinere Güsse zu fertigen. Eine Form, die mit Zement und Wasser gegossen wird, erhitzt so stark das sie zerspringt. Es gibt auch Synthesen die gut funktionieren. Beton und Glas, Gips und Zement (entgegen aller fachlicher Ratschläge). Kalk und Gips ergibt wunderbare Oberflächen, wie Marmor. Verbindet man die Werkstoffe in einer anderen Dimension, also z. B. handgroße Stücke, dann reagieren die Begriffe miteinander. Stein und Stahl, amorph und kubisch. Einfach aneinander montiert oder in gegenseitiger Durchdringung. Griffige Tautologien wie »Herzpumpe« gehören zu dieser Werkgruppe (Abbildung: Virtueller Raum, 1999)
Bilokation
Aus der Beschäftigung mit sich durchdringenden Räumen entsteht die Werkgruppe der Bilokationen, die ich als bildhauerisches Thema mehrfach bearbeitete. Inspiriert durch die »Bilokation der Columba Schonath« aus Scheßlitz, die zeitgleich auf dem Feld und in der Kirche gesehen wurde, fertigte ich eine Holzskulptur mit sich gegenseitig durchdringenden Formen.
Täuschung und Perspektive
Körper mit manipulierter Perspektive der einen Hexaeder darstellt. Ein Artefakt mit einem Link zur Grafik. Schnittstelle 2D/3D. Die visuelle Erscheinung von Körpern ist immer mit der natürlichen Perspektive verbunden. Die Körper sind aus diesem Kontext von Raum, Betrachterstandpunkt und der daraus resultierenden Perspektive in ihrer Erscheinung nicht lösbar.
Farbe
Farbe ist eine Illusion, erst im Zusammenwirken mit Licht existiert eine bunte Welt. Objekte ohne Licht haben keine Farben. Farbe machen ist ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von unterschiedlichen Materialien. Für mich ist das Bildhauerei im feinstofflichen Bereich. Die haltbarsten Bilder, die wir kennen sind mit Temperafarben gemalt. Das Rezept ist wässrige und ölige Substanz zum emulgieren zu bringen. Ein Ei dient hier als Mittler. Als Malmittel kann sowohl Wasser als auch Terpentin eingesetzt werden. Die Tempera beginnt als Guache für die ersten Bildebenen. Für den weiteren Aufbau der Ebenen kann der Grundkörper der Farbe mit der Zugabe von weiterem Oel und Harzen modifiziert werden. Bedauerlicherweise geht dieses Wissen durch die Haltung »Farbe kommt aus der Tube« verloren. In diesem Zusammenhang sei der Doerner (Max Doerner, Malmaterial und seine Verwendung im Bilde, ISBN 3 43 32 81045 8) empfohlen.
Übergang
In der Art und Weise wie ein Übergang gestaltet ist, kann sich im Detail das Ganze zeigen. Von schwarz nach weiß, von hart nach weich, von Farbe zu Farbe, von deckend zur translucent. Im Übergang von Einen zum Andern zeigt sich die Qualität der Stoffe und der Ideen. Die Methoden Übergänge zu gestalten, – diese mit einer Qualität zu versehen, geht über das Stellrad der Dimension. Mache die Eingriffe ein wenig unter dem Radar, von dem was ohne Hilfsmittel sichtbar oder sinnlich wahrnehmbar ist.
temporäre Erscheinung
Fotofixed. Alles Verschwindet, nur Weniges ist noch sichtbar. Das ist ein Thema, das gerne durch die Beschäftigung mit Fotografie ausgelöst wird.
Absense
Die großartigsten Artefakte sind die, die nicht gemacht werden. Es ist gut der Verklockung zu Widerstehen etwas zu variieren, durch Dimension zu beeindrucken, z. B. für riesige Wände in Museen, oder in die Produktion von Stückzahlen zu gehen. Das ist Verschwendung und sortiert die Kunstarbeit ins Regal des Kunstkaufhauses ein; wie auch immer, wenn es keinen Grund gibt, oder keine Aussicht etwas an Erkenntnis aus der Kunstarbeit zu ziehen, dann kann es besser sein, es nicht zu tun.
Am Rand sichtbar:
Der idealisierte Mensch, Identität
, Portrait , innere Bilder, Produktion/Rezeption – Kunstbegriff, Bild und Text
– Metaebenen, Zwangssinn, Dada, Beschriftung-Leitsysteme
SAMMLUNG: Wer Kunst machen möchte, der braucht nicht nur ein Medium, er braucht vor allem ein Thema. Und wenn die schnöde Welt mit ihrer abscheulichen Wirklichkeit das ist, wovor es zu fliehen gilt, braucht es Themen aus denen eine schöne neue gute und gerechte Welt erwachsen kann…