nur ein Clip…

 

   »Das Alte ist schon echt aus­ge­nu­delt«, sagt mei­ne Toch­ter bei­läu­fig. »Hm, bei Whats­App? Das ist doch schön«, denk ich mir kopf­schüt­telnd. Das mit dem unra­sier­ten Gesicht und der dicken Bril­le? Aber viel­leicht ist die Gül­tig­keit abge­lau­fen, ähn­lich wie bei Per­so­nal­aus­wei­sen? Quatsch, … wer nichts Neu­es lie­fert, ver­schwin­det in der Time­line, so wird es sein. Also flux ein neu­es Sel­fi und einen Sta­tus-Spruch ein­le­gen. 

   Wenn »nett« die klei­ne Schwes­ter von »Schei­ße« ist, weißt du, wie das ers­te hal­be Dut­zend der vor­ge­stell­ten Sel­fis ankam. Und für den neu­en coo­len Sta­tus-Text gibt es auch kein Okay, obwohl der Sinn absicht­lich nicht bis zum Ende des Spruchs reicht. Zu kon­stru­iert, zu viel gewollt? Und das, obwohl ich ein ech­ter Pro­fi im Neu-Erfin­den bin. Oh man, was habe ich mir schon alles selbst geglaubt? Blech­blä­ser, Kraft­sport­ler, Taxi­fah­rer, Kup­fer­dru­cker, Uhr­ma­cher, Foto­graf und Dich­ter. Bau­er, Kura­tor, Biker und Padd­ler. Schön­geist, Rauh­bein und Holz­fäl­ler. IT-ler, Mecha­ni­ker, Bogen­schüt­ze und Müsiggänger.

  Und nun? Heu­te ist was los, vor allen in der Welt der Medi­en und Nach­rich­ten. Die Sin­ne wer­den frisch und es öff­net sich ein unbe­kann­ter Raum. Ganz ein­fach, manch­mal etwas gru­se­lig.  Ich hege die Ver­mu­tung, dass mit den neu­en Medi­en alles geht. Es ist ein phan­tas­ti­sches Mate­ri­al, das so gut in unse­rem kol­lek­ti­ven Geist refe­ren­ziert ist, dass es fast so ist, als ob man jeman­den direkt in den Kopf klet­tert. Naja, da ich mit den Jah­ren etwas schüch­tern wur­de, büh­nen­scheu und nicht ger­ne in grö­ße­rer Gesell­schaft ver­wei­le, kommt das gestei­ger­te Inter­es­se an Text­for­men mei­nen Vor­lie­ben und Gewohn­hei­ten doch eher ent­ge­gen. Man­che lesen wahl­los gemisch­te Wor­te, die sie aus Zei­tun­gen und Maga­zi­nen aus­schnei­den, und freu­en sich dar­über, wie sich beim Lesen ein »Zwangs­sinn« gene­riert. Das ist nicht mei­ne Sache, es erin­nert mich an Phä­no­me­ne, die es bei der Betrach­tung von Nach­rich­ten­sen­dun­gen gibt. Da wird Wirk­lich­keit als Zwangs­sinn gene­riert, ein Bild der Welt gezeich­net, eine Col­la­ge aus end­lo­sem Polit­thea­ter, Natur­ka­ta­stro­phen, Sport und Wet­ter, – blei­ben Sie dran, nur ein Clip…

    Also, dann gibt’s das Bild einer Lese­bril­le, den Kopf dazu kann sich dann jeder selbst machen.