Die Bedeutung der Cyanotypie heute
An der Schnittstelle von historischem Verfahren und digitaler Bildbehandlung steht heute die Cyanotypie. Das Verfahren kann wegen seiner einfachen Handhabe und wegen der Unbedenklichkeit der verwendeten Stoffe gut für die Lehre und in Workshops eingesetzt werden. Aber besonders als Brückentechnik zwischen historischen Edeldruckverfahren und der digitalen Bilderwelt bietet die Cyanotypie die Möglichkeit immaterielle Bilddaten in ein hochwertiges, haltbares und sinnliches Artefakt zu wandeln. Somit ist die Cyanotypie nicht nur ein Reproduktions-Verfahren sondern auch eine bildgebende Entwurfs-Technik die neue kreative Möglichkeiten eröffnet.
Technische Aspekte
- Filmherstellung
Heute kann mit jedem sw-Laserdrucker oder Tintendrucker geeignetes Filmmaterial hergestellt werden. Rastern sie die Filme auf, dadurch erreichen sie eine gute Abbildung der Graustufen. Verkürzen sie in der digitalen Vorstufe den Tonwertumfang so, dass er zwischen 15% und 90% liegt. Overheadfolien sind gute Träger.
- Ausstattung
Als Laborausstattung brauchen Sie je nach Papierformat die entsprechenden Fotoschalen. Eine für die Entwicklung unter laufenden Wasser, Eine für die Oxydation mit Peroxyd und Eine oder zwei Weitere für die Bleichung und Tonung. Natürlich geht’s auch mit weniger. Dann sind einige Finnpapen gut. Zur Belichtung hat sich ein Gesichtsolarium bewährt, das es für kleines Geld in Web zu finden gibt. Ein Timer für die Belichtungszeit ist ganz gut, auch eine Bühne mit Glasplatte und Gewichten für die Beschwerung ist hilfreich, den auf die Planlage des Filmes kommt es an, wenn es um die Abbildungsschärfe geht.
- Chemie
Die beiden Grundsubstanzen sind Ammoniumeisen-III-citrat, grün (25 g für 100ml Lösung) und Kaliumhexacyanoferrat III .(12–16 g für 100ml Lösung) Bringen sie die Pulver mit destillierten Wasser zu Lösung. 1% Gelatine im Wasser verbessert die Deckung. Danach 5 Minuten ruhen lassen. Bitte nur so viel mit der Dosierspritze entnehmen wie sie verbrauchen möchten und bringen sie die Lösungen zu gleichen Teil in eine Mischung, die nun lichtempfindlich ist. Nur bei schwachem UV-freiem Licht verarbeiten. Die Reste der Mischung nicht aufbewahren, die Wirkung lässt bereits nach einem Tag stark nach. Die Lösungen A und K im Kühlschrank aufbewahren. Dem Ammoniumeisen kann man eine Messerspitze Ascorbinsäure zugeben, das erhöht die Haltbarkeit deutlich.
- Papiere
Als Träger für wertige Cyanotypien eignen sich stärkere Bütten sehr gut. Besonders empfehlenswert ist Hahnemühle Bütten, Fabriano rosaspina und Velin d´arches mit einer Grammatur um 300g und zu einem noch moderaten Preis. Für kleinere Formate gehen auch schwächere Grammaturen, – auch Holz, mineralische Träger oder Ähnliches kann durch eine Vermittlung von Gelatine belichtet werden. Erwähnt sei auch noch die gute Eignung von Textilien.
-Belichtung
Belichtet wird in direktem Sonnenlicht, oder unter einer entsprechend intensiven künstlichen UV-Lichtquelle von einem Negativ im Kontakt, Schicht auf Schicht. Auch Fotogramme können so hergestellt werden. Belichtungszeit in der Sonne ca. 10–15 Minuten, unter der künstlichen UV-Lichtquelle (120 Watt, Abstand 5 cm) 3 – 5 Minuten Belichtung, je nach Dichte des Filmes. Ausprobieren…
- Entwicklung
Legen sie den belichteten Bogen zunächst mit der Sichtseite nach unter in fließendes Wasser. Mit einem leichten Wasserstrahl kann die Ausschwemmung forciert werden. Sobald keine hellgrüne Mischung abläuft ist die Entwicklung abgeschlossen. Zur Verstärkung des Kontrast können sie den Bogen noch kurz in 0,3% Peroxydlösung legen.
- Tonungen
Zur weiteren Bearbeitung durch Tonung sollen nur gute kontrastreiche Cyanos auf starkem Bütten oder Aquarellkarton verwendet werden. Tonungen können direkt ohne Zwischentrocknung gemacht werden, aber auch getrocknete Blätter können genau so gut getont werden. Verwenden sie stets frische Ansätze, alte und verbrauchte Lösungen bringen keine guten Ergebnisse. Es entstehen Flecken und Schlieren. Manche Papiere vertragen Tannin nicht gut, sie verfärben sich von weiß nach Gelb innerhalb von Wochen!
Lösung: 1 Teelöffel Tannin auf 1 ltr. Wasser zum tonen
Lösung: 2 Teelöffel Natriumcarbonat auf 1 ltr. Wasser zum bleichen
und weitere Toner-Lösungen: Espresso färbt grau, schwarzer Tee gelb, Tannin schwarz. Zum Bleichen können sie Natriumkarbonat einsetzen, andere Namen sind Borax oder Soda, und auch Zitronensäure. Wenn sie lange bleichen, können sie Ocker und Gelbtöne erzeugen.
Auch mit Mischungungen zum Tonen, z. B.: 1000 ml Kaffee, 500 ml schwarzer Tee, 250 ml Tannin können sehr schöne Ergebnisse entstehen.
Beispiel: Procedere mit Büttenkarton
Für kaltes Grau: 2 Min. Natriumkarbonat, wässern, 2 Min. Mischung # 1, wässern
für warmes Grau: 2 Min. Mischung # 1, wässern, 2 Min. Lösung Natriumkarbonat, wässern.
-Weitere Möglichkeiten der Nachbearbeitung
Da die Oberfläche des Papier nicht durch Binder, Maltmittel oder Ähnliches versiegelt ist, kann eigentlich mit allen Arten von Farbe weiter gearbeitet werden. Bütten kann auch gut im Kupferdruck weiter bearbeitet werden. Den Kombinationsmöglichkeiten sind da keine Grenzen gesetzt.
- Trocknung
Zellulose Papiere abrollen und in Fotopresse vortrocknen, dann pressen. Bütten abtropfen lassen, dann zwischen Finnpappen pressen. Restfeuchte erhalten, zu heftige und heisse Trocknung kann Änderungen, besonders bei getonten Cyanos bewirken. Lagerung in beschwerter Planlage gleicher Papierarten und Formate.
- Gefahrenhinweise
Die verwendeten Stoffe unterliegen keinen Gefahrenordnungen. Trotzdem ist Vorsicht und sorgfältiger Umgang mit den Stoffen angeraten. Grundsätzlich Handschuhe und Schutzbrille tragen, beim Umgang mit Chemikalien in Pulverform auch Atemschutz. Flüssigkeiten nicht auf Schleimhäute oder in die Augen bringen. Beim Trocknen der frisch beschichteten Papiere soll gut belüftet werden, am besten nicht im Trockenraum aufhalten. Besondere Vorsicht im Umgang mit Säuren! Lebensgefahr! Bei Berührung mit Kaliumhexacyanoferrat entstehen sehr giftige Blausäure-dämpfe. Besonders beim tonen der Cyanotypien kommen Säuren zum Einsatz. Tannin (Gerbsäure), Zitronensäure, Ascorbinsäure. Also für gute Belüftung sorgen. Bei Belichtung mit künstlichen UV-Lichtquellen Augen nicht direkter Einstrahlung aussetzten.